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PUNKROCK CITY

dieser Bericht stand  in der WAZ Duisburg. Mitverfasser war der Sänger und Richies-Ikone Axel C. Schulze:

28.04.2006 / LOKALAUSGABE / DUISBURG

Duisburg Punkrock City

In den 80er-Jahren war die Stadt ein Zentrum der deutschen Punkbewegung. Doch nicht nur die Vergangenheit ist rosig, auch Gegenwart und Zukunft lassen hoffen, dass der gute Ruf der Szene nicht vergeht……..

Berlin, Düsseldorf, Hamburg – das waren in den 80er-Jahren Zentren der deutschen Punkbewegung. Die Musik der englischen Arbeiterklasse fiel aber auch in der damaligen Betonwüste Duisburg auf sehr fruchtbaren Boden. Und so entstanden diverse Bands, die deutschlandweit schnell Beachtung fanden und für zahlreiche Legenden sorgten. Das Potenzial wurde schon 1982 von TV-Provokateur Michael Braun entdeckt. Die Dokumentation „No Future – Punk in Duisburg“ ist heute eine Rarität und besonders deshalb genial, weil sie vom Soundtrack der Duisburger Band „Artless“ („Donnerwetter, Donnerwetter – jeder ein Versager ist, der nicht täglich Scheiße frisst“) untermalt wurde. Ungeschminkt zeigt „No Future“ den Alltag der Duisburger Punks: Bier trinken, Proberaum-Exzesse in Hamborn, Herumlungern am Brunnen in der Innenstadt, politische Statements und Teenager-Depressionen. Einzigartig ist die bunte Vielfalt lustiger Namen, die sich die positiv verrückten Gründerväter der Szene zulegten: Bernie Blitz, Willy Wucher, Patty Pattex, Roman Brot, Ralf Real Shock, um nur einige Vertreter der ersten Stunde zu nennen. In den Anfängen der Bewegung griffen die Duisburger Bands „Sackgasse“, „Die Pilsköpfe“, „Alptraum GmbH“ und „Die Kanzlers“ zu den Instrumenten. Zweifellos der größte Hit war „Mein Bruder ist ein Popper“ von „Artless“, der heute noch als Deutsch-Punk-Klassiker gilt. Es entstand kreuz und quer durch die Stadt eine große Gemeinde kreativer Köpfe, die sich neben der Musik insbesondere der Gestaltung und dem Vertrieb selbstkopierter Punkmagazine, den Fanzines, widmete. „Ungewollt“, „Scumfuck Tradition“ und „Hullaballoo“ waren die Vorreiter, später erschien „Plastic Bomb“. Dieses Heft wird heute noch in Neudorf erdacht und ist inzwischen das größte deutsche Punkfanzine, seine Auflage ist beinahe fünfstellig.

Nicht alles konnte sich jedoch auf Papier und in Proberäumen abspielen. Früh wurde das links-autonome Eschhaus das Zentrum der Szene. Der Duisburger Hardcore Club veranstaltete dort regelmäßig Konzerte und die in- und ausländische Punkprominenz war zu Gast. Ende der 80er splittete sich die Musikszene dann auf in Hardcore-Bands wie „Anastasis“ und Deutschpunk-Bands wie die „Dödelhaie“ – in deren Umfeld auch das bis heute bestehende Label „Impact Records“ und die „Hart und Schäbbich“-Festivals in Rheinhausen entstanden. Auch an Rock und Pop orientierte Bands wie „Jimmy Keith And His Shocky Horrors“ und die „Richies“ gründeten sich. Letztere brachten es mit ihrem Ramones-artigen Sound in den 90ern auf fünf Releases und Tourneen quer durch Europa und die USA. Die Szene traf sich nun entweder in der Fabrik in Neudorf oder bei der Punkrock-Disko im „Metaluna 5“ am Hauptbahnhof, die es beide heute nicht mehr gibt. Noch heute sind viele der alten Helden umtriebig. Einzigartig sind „Eisenpimmel“, ein Projekt, hinter dem „Hullaballo“-Macher Tom Tonk steckt. Hits wie „Malle Mallorca“ und „Ich Arsch hab mir Fleisch gekauft“ beglücken Generationen von Fans. Auch „The Romeros“ sind noch unterwegs. Sänger Roman Brot und Richies-Gitarrist Sulle geben erstklassigen melodiösen oldschool Punkrock zum Besten und sind am Samstag im Djäzz an der Börsenstraße zu sehen. Die Szene trifft sich sonst im Punk-Plattenladen „Sound of the suburbs“ in Rheinhausen.

Eine vielversprechende Zukunft scheinen „24-7 Fucked-Ups“ mit JimBob, Stoffel und Buddy (auch Drummer der „Kinskis“) zu haben, die jetzt schon als Antwort auf „Social Distortion“ gehandelt werden. Und hoffentlich werden sie dafür sorgen, dass der Ruf von Duisburg als „Punkrock City“ weiter bestehen bleibt. za

szenario dankt Axel Schulze und Roman Romero für das Übermitteln ihres großen Wissens. Quelle: „Duisboard.de“